Cannabis gegen Kopfschmerzen: Hoffnung bei Langzeitschmerzen

Kopfschmerzen: Fast jeder Deutsche leidet regelmäßig darunter. Dabei müssen es nicht einmal schwere Formen wie Migräne oder Clusterkopfschmerzen sein - auch "normale" Kopfschmerzen, z.B. aufgrund von Verspannungen oder anderen Erkrankungen schränken den Alltag und das Wohlbefinden häufig sehr stark ein.
Herkömmliche Medikamente wirken bei vielen Betroffenen generell sehr gut, können aber - und das klingt erst einmal paradox - selbst Kopfschmerzen auslösen. Auch andere Nebenwirkungen sind, insbesondere bei Langzeitgebrauch, möglich.
Kann medizinisches Cannabis eine Alternative sein? Welche Risiken und Nebenwirkungen bringt der Konsum mit sich und welche Cannabissorte ist ideal bei Kopfschmerzen? Unser Artikel verrät's!
Das Wichtigste in Kürze:
- Cannabis kann grundsätzlich sehr gut gegen Kopfschmerzen wirken, das bestätigt auch die Forschung. Grund ist die Interaktion des enthaltenen THC und CBD (Cannabinoide) mit dem Endocannabinoid-System des menschlichen Körpers.
- Die Anwendung von Cannabis bringt ganz eigene Risiken und Nebenwirkungen mit sich, darunter möglicherweise unerwünschte psychoaktive Effekte. In vielen Fällen ist daher für Kopfschmerzen (nicht Migräne oder Clusterkopfschmerzen) zu viel des Guten.
- Für langfristig anhaltende Schmerzen oder Patienten, die klassische Schmerzmittel nicht vertragen, eignet sich Cannabis aber dennoch als wirksame Alternative zu anderen Medikamenten. Wichtig ist immer, den Cannabiskonsum mit dem behandelnden Arzt abzusprechen, um die Therapie optimal zu gestalten.
Kopfschmerzen: Diese Arten sind besonders häufig
Treten Kopfschmerzen ohne äußere Ursache auf (z.B. als Begleiterscheinung einer Erkrankung), spricht man von "primären Kopfschmerzen". Dazu gehören Spannungs-Kopfschmerzen und Migräne sowie Clusterkopfschmerzen. Für eine gezielte Behandlung ist besonders wichtig, die Kopfschmerzen zunächst genau zu identifizieren, da eine Migräne/Cluster-Kopfschmerz anders behandelt werden sollte als andere primäre Kopfschmerzen.
Im Verlauf befassen wir uns genauer mit der Behandlung von all jenen Kopfschmerzen, die nicht Migräne oder Cluster-Kopfschmerz sind. In unserem Artikel findest du weitere Informationen zu Cannabis und Migräne.
Spannungskopfschmerzen
Spannungskopfschmerzen bekommt fast jeder Mensch irgendwann im Leben. Die Schmerzen sind eher drückend und dumpf oder ziehend, aber generell nicht pulsierend. Meist sind beide Kopfseiten betroffen.
Die Betroffenen können in den meisten Fällen ihrem Alltag relativ normal nachgehen, die Schmerzen sind nicht mit Übelkeit verbunden.
Migräne
Auch wenn viele von Migräne sprechen, wenn sie Kopfschmerzen meinen: Migräne ist wesentlich seltener als Spannungs-Kopfschmerz. Dennoch sind viele Patienten, vor allem Frauen, betroffen, oft im Zusammenhang mit ihrem Zyklus.
Migräne-Kopfschmerzen werden als pulsierend, hämmernd oder pochend beschrieben und vor allem im vorderen Kopfbereich auf einer Seite wahrgenommen. Die Attacken dauern zwischen vier Stunden und bis zu drei Tagen. Die Betroffenen sind während der Migräne-Attacke sehr lichtempfindlich, auch Geräusche und Gerüche können die Schmerzen verschlimmern. Auch körperliche Aktivität verstärkt den Schmerz.
Typisch für Migräne sind auch die sogenannten "Auren" vor einer Attacke: Sehstörungen, die von Lichtblitzen und Missempfindungen der Haut sowie Schwindel begleitet werden können.
Cluster-Kopfschmerzen
Die Symptome von Cluster-Kopfschmerzen werden häufig als besonders heftig beschrieben. Eine Kopfseite schmerzt stark im Bereich der Schläfe und um das Auge herum. Die Schmerzen treten in Episoden von mehreren Tagen oder Wochen auf (daher der Name "Cluster"-Kopfschmerz), bei denen dann manchmal sogar täglich Schmerzattacken auftreten
Manchen Patienten hilft Bewegung, die Schmerzen auszuhalten. Im Gegensatz zu Migräne-Patienten laufen manche Cluster-Patienten während einer Attacke herum. Alltag und Arbeit sind aber dennoch unmöglich. Cluster-Kopfschmerzen sind die einzigen, von denen Männer häufiger betroffen sind als Frauen.
Cannabis gegen Kopfschmerzen: Die Studienlage
Etwa fünf Prozent aller Deutschen erleben täglich Kopfschmerzen, etwa 40 % davon sind Spannungskopfschmerzen. Die Ursachen und der genau Mechanismus im Körper sind noch nicht vollständig geklärt, man vermutet aber eine Kombination aus individuellen und Umweltfaktoren.
Auch eine Überempfindlichkeit von Schmerzsignal-Übertragungswegen scheint eine Rolle zu spielen, ebenso wie Entzündungen und eine schlechte Durchblutung von Muskeln um den Kopf herum.
Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass Cannabis gegen Kopfschmerzen und andere Schmerzen helfen kann. (1, 2) Als Grund wird vermutet, dass die Cannabinoide wie CBD und THC im Cannabis einen ähnlichen Effekt haben wie körpereigene Cannabinoide und mit dem Endocannabinoid-System (ECS) interagieren.
Das ECS ist ein komplexes System aus Rezeptoren (unter anderem Cannabinoid-Rezeptoren) und Enzymen, das unter anderem das Schmerzempfinden reguliert.
Eine besonders spannende Studie (2) wertete das subjektive Schmerzempfinden von Patienten mit Hilfe einer großangelegten Datenanalyse aus. Die Forschenden baten Nutzer einer App, ihre Anwendung von medizinischem Cannabis zu dokumentieren. Insgesamt hatten 1300 Personen angegeben, unter Kopfschmerzen zu leiden, etwa die Hälfte davon unter Nicht-Migräne-Kopfschmerz.
Im Schnitt verringerten sich die Kopfschmerzen bei diesen Patienten durch das Inhalieren von Cannabis um 47,3 %. Allerdings schränken die Forscher ihre Erkenntnisse auch ein: Die Teilnehmer waren dem Konsum von Cannabis gegenüber grundsätzlich positiv eingestellt, da sie ja bereits eine App zum Tracken ihres Konsums nutzten. Weitere klinische Studien sind also nötig, um die Ergebnisse zu untermauern.
Cannabis vs. klassische Schmerz-Medikamente
Traditionell werden bei mittleren Schmerzen nicht-opiode Schmerzmittel (WHO-Stufe I) eingesetzt. Dazu gehören neben Aspirin® (ASS) auch Ibuprofen und Paracetamol. Vielen helfen auch Kombinationspräparate wie Mittel aus ASS+Koffein (evtl. +Paracetamol) (Thomapyrin®, Neuralgin®, Spalt® etc.)
Auch wenn diese Schmerzmittel sehr verbreitet sind: Sie sollten nicht zu oft oder länger als drei Tage zum Einsatz kommen, sonst droht der sogenannte Medikamentenübergebrauchskopfschmerz (Rebound-Kopfschmerz, MÜK). Und: Halten Kopfschmerzen länger an, sollte ohnehin ein Arzt konsultiert werden.
Nun gibt es aber Betroffene, bei denen die üblichen Medikamente nicht ausreichen, bei denen eine Überempfindlichkeit gegen die Wirkstoffe besteht oder bei denen die Linderungswirkung schlicht nicht ausreicht. Hier kann Cannabis eine sehr vielversprechende Alternative sein.
Insgesamt solltest du mit deinem Arzt absprechen, welche Therapie für deinen Schmerz und die Schwere der Symptome am angemessensten ist. Außerdem kann er dir begleitende Maßnahmen zur Schmerztherapie (Entspannungstechniken, Bewegung, Ernährung) empfehlen.
Cannabis gegen Kopfschmerzen: Nebenwirkungen und Kontraindikationen
Auch wenn Cannabis sehr gut gegen Kopfschmerzen wirken kann: Der Konsum bringt seine ganz eigenen Risiken mit sich. Viele berichten von Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Konzentrationsstörungen oder einem Gefühl von Benebelt-sein.
Manche bekommen Herzklopfen oder fühlen sich unruhig. Und besonders bei Menschen mit psychischer Vorbelastung - etwa Depressionen oder Angststörungen - kann Cannabis schwere Reaktionen hervorrufen, im schlimmsten Fall sogar eine Psychose auslösen.
Dazu kommt: Nicht jeder darf oder sollte Cannabis nehmen. Wer ernsthafte psychische Erkrankungen hat, schwanger ist, oder an bestimmten Herzproblemen leidet, sollte besser die Finger davon lassen. Auch bei jungen Menschen wird Cannabis sehr zurückhaltend eingesetzt, weil es die Gehirnentwicklung beeinflussen kann. Auch die Gefahr einer Abhängigkeit ist noch nicht umfassend abgeklärt.
Für mittelschwere, gelegentliche Beschwerden ist Cannabis in der Regel ein zu starkes Mittel. Die erwünschte Wirkung steht zu vielen Risiken gegenüber. Leidest du jedoch langfristig unter starken Kopfschmerzen, kann eine Cannabis (in Rücksprache mit dem Arzt) eine vielversprechende Option sein.
Cannabissorten bei Kopfschmerzen
Sorten mit hohem CBD-Anteil (wie Bediol oder Bedrolite) wirken oft entzündungshemmend und entspannend und sind damit ideal bei Spannungskopfschmerz. Ein höherer THC-Anteil kann bei akuten oder intensiven Schmerzattacken helfen, ist aber stärker psychoaktiv. Balancierte Sorten (z. B. 10:10) werden häufig für Dauertherapien verschrieben.
Bei allen genannten Sorten handelt es sich um Cannabisblüten, die entweder geraucht oder im Vaporizer verdampft werden können. Behagt dir dieser Form der Anwendung nicht, gibt es aber auch Extrakte und Kapseln sowie Öle, die dir der Apotheker auf Rezept individuell herstellt (Medizinalcannabis).
Unser Fazit: Cannabis als Alternative für Langzeit-Kopfschmerzen
Generell gilt: Cannabis kann zwar aufgrund der enthaltenen Cannabinoide (vor allem CBD und THC) sehr gut gegen Kopfschmerzen helfen, ist jedoch - von Migräne und Cluster-Kopfschmerz mal abgesehen - meist eine Spur zu stark. Hier lohnt sich die Einnahme von klassischen Schmerzmitteln.
Schlagen diese jedoch nicht an oder dauern die Schmerzen über einen langen Zeitraum an, kann der Arzt Cannabis verschreiben. Gemeinsam wird die passende Sorte, Dosierung und Darreichungsform ermittelt, um die Kopfschmerzen optimal zu bekämpfen.
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