Cannabis bei Psoriasis: Mit Gras gegen Schuppenflechte!

Psoriasis, oder Schuppenflechte, ist eine der am weitesten verbreiteten Hauterkrankungen. In Deutschland leiden schätzungsweise 2 bis 3 Millionen Menschen unter der Autoimmunerkrankung. Jährlich erhalten etwa 150.000 Menschen neu die Diagnose. Schuppenflechte ist durch schuppige, entzündliche Hautstellen gekennzeichnet, die oft stark jucken und schmerzen. Auch Nägel und Haare sind oft in Mitleidenschaft gezogen. Die Ursachen sind unklar, die Krankheit chronisch.
Genau weiß man bis heute nicht, was Psoriasis auslöst. Vermutet wird, dass genetische Faktoren und eine Überaktivität des Immunsystems eine Rolle spielen. Genau diese Verbindung zum Immunsystem macht einen relativ neuen Therapieansatz interessant: medizinisches Cannabis.
Denn: Cannabis wirkt über das Endocannabinoid-System auch auf das Immunsystem. Doch was wissen wir wirklich? Und wie kann Cannabis zur Behandlung von Psoriasis eingesetzt werden? Dieser Artikel erklärt es dir!
Das Wichtigste in Überblick:
- Der Einsatz von Hanfpräparaten mit THC und CBD kann das übermäßige Zellwachstum in der Haut hemmen und entzündliche Prozesse bei Schuppenflechte positiv beeinflussen - das bestätigen auch Studien.
- Besonders vielversprechend ist die Behandlung mit CBD-haltigen Cremes oder Salben direkt auf der Haut; sie wirkt lokal, reduziert Juckreiz und Läsionen (Schuppung), ohne psychoaktive Effekte zu erzeugen.
- Die Forschung macht große Hoffnung, doch groß angelegte klinische Studien zur Wirksamkeit von Cannabis bei Psoriasis stehen noch aus. Erste Ergebnisse aus Studien am Menschen werden jedoch in den kommenden Jahren erwartet.
Ein Durchbruch in der Forschung: Die Studie von Wilkinson und Williamson (2007)
Lange dümpelte die Forschung zur medizinischen Anwendung von Cannabis etwas vor sich hin. Nach ersten frühen Untersuchungen im 19. Jahrhundert geriet Gras als Therapie ziemlich in Vergessenheit und wurde ab einem bestimmten Punkt sogar verteufelt. Die Forschung geriet ins Stocken.
In den 1990er Jahren allerdings entdeckte man das Endocannabinoid-System (ECS), ein körpereigenes Netzwerk aus Rezeptoren (CB1, CB2), Botenstoffen und Enzymen. Diese Entdeckung brachte einiges ins Rollen. Sie zeigte, dass der menschliche Körper selbst Cannabinoid-ähnliche Substanzen produzieren kann. Die Vermutung lag nahe, dass Cannabinoide "von außen" (THC, CBD und andere Wirkstoffe der Hanf-Pflanze) ebenfalls in physiologische Prozesse eingreifen könnten. In diese Zeit fallen auch erste Studien an Zellen und Tieren zur therapeutischen Wirkung von THC und CBD, z.B. gegen Schmerz, Entzündung und Epilepsie.
Es sollte aber noch bis 2007 dauern, bis ein echter Durchbruch für die Psoriasis-Therapie aus dieser Ecke kommen sollte. Die Studie "Cannabinoids inhibit human keratinocyte proliferation through a non-CB1/CB2 mechanism and have a potential therapeutic value in the treatment of psoriasis" der Forscher Jonathan Wilkinson und Elizabeth Williamson zeigte, dass Cannabinoide das ungehemmte Wachstum bestimmter Hautzellen (Keratinozyten) hemmen können, und zwar unabhängig von den bekannten CB1- und CB2-Rezeptoren im ECS. (1) Cannabinoide scheinen also schon auf Zellebene zu wirken und dort das übermäßige Zellwachstum zu hemmen, welches für die typische schuppige Haut bei Schuppenflechte verantwortlich ist.
Neue Erkenntnisse seit 2007
Nach einer solchen Entdeckung blieb die Forschung zu Cannabis bei Psoriasis natürlich nicht stehen. In den vergangenen zehn Jahren konnten eine Vielzahl Studien zeigen, dass sowohl CBD als auch THC das Immunsystem regulieren und so Einfluss auf die Krankheit nehmen können. Konkret hemmen Cannabinoide entzündungsfördernde Zytokine, die eine Schlüsselrolle in der Entwicklung von Schuppenflechte spielen.
Ein Beispiel: Eine 2019 veröffentlichte Studie zeigte, dass auf die Haut aufgetragenes CBD entzündliche Prozesse in menschlichen Hautzellen deutlich reduziert. Auch oxidativer Stress, der auch bei Schuppenflechte eine Rolle spielt, wurde durch CBD gemindert. Dabei beeinflusste das CBD Zytokine und Chemokine auf molekularer Ebene, wirkte aber nicht toxisch auf die gesunden Hautzellen. (2)
Weitere Studien stützten diese Ergebnisse. So konnte unter anderem gezeigt werden, dass eine Kombination aus THC und CBD im Tiermodell zu einer verbesserten Hautstruktur, reduzierter Rötung und weniger Schuppung beitrug. (3) Und: Die Wirkung ist wohl dann besonders gut, wenn ein ausgewogenes Verhältnis von THC zu CBD vorliegt. (4)
Cannabisprodukte in der Praxis
Die meisten Studien und Anwendungsberichte befassen sich mit dem Auftragen von Cannabis-Produkten auf die Haut, z.B. als Salbe oder Creme (sogenannte topische Anwendung). Der Vorteil: Das Produkt wirkt wirklich nur lokal an den betroffenen Hautpartien. Psychoaktive Effekte - wie sie auch THC-haltiges medizinisches Cannabis haben kann - bleiben aus. Besonders Patienten, die diese Effekte und auch ein mögliches Abhängigkeitsrisiko vermeiden wollen, schätzen diese Art der Anwendung besonders.
Manche Cremes auf Cannabis-Basis sind in Deutschland frei verkäuflich, allerdings enthalten sie oft nur Cannabidiol (CBD) und kein THC. Medizinische Produkte mit höherem Wirkstoffgehalt oder THC-Anteil sind auch nach der Teillegalisierung von Cannabis 2024 verschreibungspflichtig.
Medizinisches Cannabis kann bei bestimmten Indikationen (wie chronischen Schmerzen oder Spastiken) verordnet werden. Psoriasis gehört offiziell noch nicht zu diesen Standardindikationen. Dennoch kann dein behandelnder Arzt (zum Teil auf zusätzlichen Antrag) Cannabis verschreiben.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Viele Patienten berichten von einer deutlichen Verbesserung der Symptome nach der Anwendung cannabisbasierter Produkte. Dabei nimmt vor allem der Juckreiz ab, die Bildung von Schuppen wird weniger und die Haut beruhigt sich spürbar. Allerdings sind diese Erfahrungsberichte wissenschaftlich schwer zu bewerten, da es sich meist um nicht-kontrollierte Einzelfälle handelt. Um belastbare Aussagen zu treffen, sind größere klinische Studien erforderlich - einige sind aber bereits in Planung oder laufen.
Blüten rauchen bei Schuppenflechte?
Immer wieder liest man in Erfahrungsberichten, dass neben der Hautpflege auch das Rauchen von Cannabis bei Schuppenflechte helfen würde. Das Gras beruhige und helfe beim Einschlafen. Die Betroffenen kratzen weniger (was der Haut hilft, abzuheilen) und können sich erholen. Psychische Belastungen, die oft mit der Erkrankung einhergehen, lassen nach, die allgemeine Lebensqualität verbessert sich.
Aber: Rauchen bringt ganz eigene, langfristige Nebenwirkungen mit sich. Auch auf deine Schuppenflechte kann sich Rauchen negativ auswirken, da es Entzündungen befeuern kann - und das möchtest du ja gerade vermeiden. Tabakrauch und auch verbranntes Cannabis enthalten giftige Stoffe, die das Immunsystem zusätzlich belasten. Bei einer Autoimmunkrankheit wie Psoriasis ist das definitiv kontraproduktiv.
Verdampfen ist hier die bessere Wahl: Beim Vaporisieren werden die Wirkstoffe THC und CBD schonend bei niedrigen Temperaturen freigesetzt, ohne dass schädliche Verbrennungsprodukte entstehen. Möchtest du es ausprobieren, besprich dich am besten vorab mit deinem behandelnden Hausarzt oder Dermatologen. Er stellt dir - bei entsprechender Indikation - auch das Rezept für medizinisches Cannabis aus.
Möchte dir dein Arzt kein Cannabis verschreiben, gibt es Online-Anbieter, die auf medizinisches Cannabis spezialisiert sind und dir - ganz legal - dein Rezept ausstellen können. Du erhältst eine ausführliche Beratung und dein individuelles Rezept, das du entweder direkt online oder in deiner Apotheke vor Ort einlösen kannst.
Sortenwahl: CBD-THC-Verhältnis bei Psoriasis-Symptomen
Cannabis ist nicht gleich Cannabis. Je nach Sorte unterscheiden sich die Konzentrationen der enthaltenen Cannabinoide. Für therapeutische Zwecke ist vor allem das Verhältnis zwischen CBD und THC relevant, da es maßgeblich Einfluss auf Wirkung und Verträglichkeit hat.
Wir gehen hier nur auf die topische Anwendung von Cannabis ein, also in Form von Cremes oder Salben. Insgesamt solltest du bei medizinischem Cannabis aber darauf achten, Sorten mit einem ausgewogenen Anteil CBD und THC zu wählen. Denn: Selbst wenn eine psychoaktive Wirkung über die Haut sehr unwahrscheinlich ist (5) - THC ist und bleibt ein psychoaktiver Wirkstoff.
Möchtest du Cannabis zusätzlich inhalieren (z.B. als Blüten oder Extrakte über einen Verdampfer), bietet sich ebenfalls der Gebrauch CBD-reicher Sorten an, vor allem vor dem Schlafengehen. THC-reiche Sorten sollten in keinem Fall konsumiert werden, wenn du danach ein Fahrzeug führen oder andere Dinge erledigen musst, bei denen du dich oder andere in Gefahr bringen könntest!
Cannabis bei Schuppenflechte: So sieht es aus, so könnte es weitergehen
Auch wenn die Forschungslage gerade wirklich spannend aussieht: Noch fehlen klinische Daten, die die Wirksamkeit und Sicherheit cannabisbasierter Therapien bei Psoriasis zweifelsfrei belegen. Die bisherigen Ergebnisse deuten zwar klar in eine positive Richtung, medizinisch belastbare Aussagen für eine breite Anwendung lassen sich aber erst treffen, wenn mehr überzeugende Studien vorliegen.
Die gute Nachricht: Genau daran wird gerade gearbeitet. Cannabisprodukte sind kaum noch aus der Forschungslandschaft wegzudenken. Vor allem in Ländern mit weit entwickelter Cannabisforschung (USA, Kanada und Israel) laufen aktuell mehrere klinische Studien, die topische Präparate mit Cannabinoiden bei chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen testen. Allerdings kämpfen auch diese Studien in den USA aktuell teilweise mit Finanzierungsschwierigkeiten, weshalb die Ergebnisse möglicherweise noch etwas auf sich warten lassen.
Unser Fazit: Cannabis gegen Psoriasis - Es geht voran
Cannabis ist längst mehr als nur eine Freizeitdroge. Medizinisches Cannabis könnte bei der Linderung von so vielen Erkrankungen helfen - darunter eben auch chronische Krankheiten wie Schuppenflechte. Produkte wie Cremes oder Salben auf CBD-Basis werden teilweise schon jetzt eingesetzt, um den Juckreiz und Hautreizungen zu lindern. Studien zufolge können sie auch die Schuppenbildung effektiv vermindern. Allerdings: Eine Heilung können auch Cannabisprodukte nicht bieten.
Noch braucht es allerdings mehr Forschung, um die sehr vielversprechenden Ergebnisse zu bestätigen und Cannabisprodukte zum Standard in der Pflege und Behandlung von Psoriasis zu machen. Klar ist: Cannabisprodukte sind aus der medizinischen Anwendung längst nicht mehr wegzudenken - auch in der Dermatologie.