Cannabis bei Neurodermitis: Kiffen gegen Juckreiz?

Frau mit Neurodermitis am Arm

Neurodermitis (atopische Dermatitis) belastet nicht nur den Körper. Betroffene klagen über starken Juckreiz, Ekzeme und gereizte Haut, die ihnen den Schlaf rauben und das alltägliche Leben zur Tortur machen können. Manche Patienten ziehen sich auch sozial zurück, weil sie fürchten, wegen der oft unansehnlichen Hautveränderungen abgelehnt zu werden.

Besonders Kinder leiden häufig stark unter den Beschwerden, die aber nicht selten bis ins Erwachsenenalter fortbestehen können. Die Ursachen für Neurodermitis sind oft unklar - manchmal liegt eine Allergie zugrunde, manchmal Umweltfaktoren, manchmal sind die zugrundeliegenden Faktoren nicht genau nachvollziehbar.

Herkömmliche Therapien wie Antihistaminika oder Kortison wirken oft nicht ausreichend oder sind mit starken Nebenwirkungen verbunden. Viele Betroffene suchen daher nach Alternativen. In Studien hat sich herauskritallisiert, dass Produkte aus der Hanfpflanze helfen könnten, die Symptome der weit verbreiteten Hautkrankheit zu lindern.

Dabei gibt es ganz unterschiedliche Anwendungen von Cannabis bei Neurodermitis - vom Auftragen auf die betroffenen Hautstellen bis zum Inhalieren per Vaporizer. Im folgenden Artikel werfen wir einen Blick auf den aktuellen Stand und die Möglichkeiten, Neurodermitis mit Cannabis zu behandeln.

Das Wichtigste in Überblick:

  • Studien zeigen, dass Cremes mit Cannabinoiden (v. a. CBD) helfen können, Symptome wie Juckreiz, Rötungen und Ekzeme wirksam zu reduzieren - mit deutlich weniger Nebenwirkungen als Kortison.
  • Das Inhalieren von medizinischem Cannabis über einen Vaporizer kann systemisch wirken, den Juckreiz lindern, den Schlaf verbessern und dadurch die Hautregeneration fördern - vor allem bei schweren Schüben oder psychischen Problemen durch die Krankheit.
  • Reichen herkömmliche Therapien nicht aus, kann medizinisches Cannabis vom Hautarzt verschrieben werden; entweder als Creme, Öl oder zum Inhalieren. Moderne Online-Angebote erleichtern den Zugang zur Cannabis-Therapie.

Cannabinoide: Der neue Superstar der Medizin

Auch wenn Cannabis immer mehr aus der Joint-Ecke herauskommt: Noch ist medizinisches Cannabis im Alltag wenig verbreitet. Die Forschung jedoch beschäftigt sich bereits seit Jahren mit den verschiedenen Wirkmechanismen der Wirkstoffe in der Hanfpflanze, den sogenannten Cannabinoiden.

Die Cannabispflanze enthält über 100 dieser Stoffe, darunter die bekanntesten Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Beide interagieren mit dem Endocannabinoid-System (ECS), einem körpereigenen Regulationssystem, das unter anderem Entzündungen, Schmerzempfinden, Immunreaktionen und Zellregeneration beeinflusst.

Damit ist Cannabis auch in puncto Neurodermitis natürlich sehr spannend für die Forschung und Betroffene.

Frühe Forschung zu Hanföl

Schon in den frühen 2000ern fanden finnische Forscher heraus, dass Hanf sich positiv auf die Haut auswirken kann. In einer Studie über 20 Wochen untersuchten sie, wie sich die Einnahme von Hanföl auf Patienten mit Neurodermitis auswirkt.

Und siehe da: Im Vergleich zur Kontrollgruppe, die täglich Olivenöl einnahm, berichteten die Studienteilnehmer von deutlich verringertem Juckreiz, Hauttrockenheit und Schuppigkeit der Haut. Die Forscher vermuteten damals, dass die Wirkung auf die Anteil von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren im Hanföl zurückzuführen ist. (1)

Cannabis auf der Haut

Während es in der frühen Studien also weniger um die Cannabinoide ging, legten spätere Studien einen anderen Fokus. Sie schauten sich an, wie Cannabinoide auf der Haut - als sogenannte topische Anwendung - wirken.

Es geht also um das direkte Auftragen von Cannabinoid-Cremes oder -Salben auf betroffene Hautareale. Eine Übersichtsstudie von 2023 fasst zusammen, was wir zur Wirkung von Cannabis auf die Haut, darunter auf die Hauterkrankung Neurodermitis, wissen. (2) Die Studienlage ist demnach recht eindeutig: Cannabis-basierte Cremes und Salben können helfen, Juckreiz zu lindern sowie Rötungen und Ekzeme abzumildern.

Großer Vorteil: Die Cannabis-Cremes bringen sehr viel weniger Nebenwirkungen mit sich als klassische Mittel, z.B. auf Kortison-Basis.

Die Rolle des Endocannabinoid-Systems für die Haut

Schauen wir uns etwas genauer an, was das Endocannabinoidsystem mit unserer Haut und der Hautgesundheit zu tun hat.

Das ECS regelt zahlreiche Prozesse, die sich auf die Haut auswirken, darunter Zellwachstum, Zelldifferenzierung, Immunantwort und Talgproduktion. Es besteht aus körpereigenen Cannabinoiden (Endocannabinoiden), Cannabinoid-Rezeptoren (hauptsächlich CB1 und CB2) sowie Enzymen, die für den Abbau der Cannabinoide zuständig sind. Das ECS ist über den ganzen Körper verteilt. Auch in der Haut - unserem größten Organ - kommen Teile des Systems vor.

Die topische Anwendung von Cannabis-Produkten - vor allem die enthaltenden Cannabinoide wie CBD (Cannabidiol) oder THC (Tetrahydrocannabinol) - wirkt auf dieses System ein. Cannabinoide können an die CB1- und CB2-Rezeptoren binden oder mit weiteren Rezeptoren wie TRPV1 (Transient Receptor Potential Vanilloid 1) interagieren. Die positive Folge: Cannabinoide wirken entzündungshemmend, antioxidativ, talgregulierend und juckreizlindernd. Besonders CBD hemmt Entzündungsprozesse durch die Beeinflussung von Immunzellen sowie durch die Reduktion von oxidativem Stress.

Störung des ECS als Ursache für Hauterkrankungen?

Aber damit nicht genug: Das ECS beeinflusst auch die Hautbarriere, die Wundheilung und unsere Immunabwehr. Inzwischen geht man sogar davon aus, dass bestimmte Hauterkrankungen wie Akne, Psoriasis (Schuppenflechte) und eben atopische Dermatitis (Neurodermitis) mit einer Störung im ECS zusammenhängen. (3)

Und: Die gezielte Beeinflussung des ECS durch auf die Haut aufgetragene Cannabinoide könnte helfen, die Barrierefunktion der Haut zu stärken, Juckreiz und Ekzeme zu lindern und eben insgesamt bei der Behandlung von Neurodermitis unterstützen - und das ohne das Cannabinoid über Blutkreislauf oder Verdauungssystem aufnehmen zu müssen.

Ein spannender Versuch am Tiermodell zeigte das schon 2007 besonders eindrucksvoll: Die Mäuse der Studie hatten deaktivierte CB-Rezeptoren und reagierten deshalb mit stark ausgeprägten Entzündungsreaktionen auf den Kontakt mit Hautreizstoffen.

Bei normalen Tieren unterdrückten körpereigene Cannabinoide diese Immunreaktion. Die Forscher trugen auf die Haut der kranken Mäuse THC auf - und die allergische Schwellung nahm messbar ab. Die Ergebnisse wurden im renommierten Magazin Science veröffentlicht. (4)

Kiffen gegen Juckreiz? Medizinisches Cannabis aus dem Vaporizer

Während sich die Dermatologie vor allem mit der Wirkung von Cannabis über die Epidermis (obere Hautschicht) beschäftigt, berichten Anwender noch von ganz anderen Vorzügen:

Denn: Medizinisches Cannabis kann auch inhaliert werden. Dabei geht es nicht um das berühmt-berüchtigte Kiffen - also das Rauchen von Cannabisblüten oder -blättern, meist zusammen mit Tabak. Dies belastet die Atemwege und führt zu ganz eigenen Nebenwirkungen, weshalb im medizinischen Bereich darauf meist verzichtet wird.

Stattdessen setzen viele Anwender auf einen sogenannten Vaporizer oder Verdampfer. Im Vaporizer werden entweder getrocknete Cannabisblüten, ein Cannabiskonzentrat (z. B. Öl, Harz) oder ein Extrakt (wie Wax oder Liquid) erhitzt. Dabei verdampfen die enthaltenen Wirkstoffe bei Temperaturen zwischen etwa 160 °C und 220 °C, ohne dass eine Verbrennung (wie beim Joint) stattfindet.

Viele Anwender berichten, dass ihnen das Inhalieren von Cannabis - vor allem abends - hilft, nachts weniger zu kratzen. Einerseits scheint der Juckreiz durch die enthaltenen Wirkstoffe gelindert zu werden. Zusätzlich hilft die schlaffördernde Wirkung des Cannabis den Betroffenen, entspannter ein- und durchzuschlanfe und ihre Haut nachts nicht weiter zu verletzen. Dadurch werden Infektionen und Entzündungen vermieden, die die Neurodermitis oft zusätzlich befördern.

Auftragen oder verdampfen?

Welche Anwendungsform sich für deinen Fall am besten eignet, hängt ganz von deiner individuellen Situation ab. Die topische Anwendung wirkt lokal, reizt nicht die Atemwege und kommt ganz ohne psychoaktive Effekte aus. Sie eignet sich gut für klar umschriebene Hautareale, besonders bei milden bis mittelschweren Symptomen. Die inhalative Form hingegen hat eine systemische Wirkung - sie beeinflusst Schlaf, Stressempfinden und Immunsystem gleichzeitig. Das kann besonders bei schweren Schüben, Schlaflosigkeit oder psychischer Belastung durch die Erkrankung sehr gut helfen.

Möglicherweise lassen sich auch topische Anwendung und Inhalation kombinieren, um eine optimale Therapie zu gewährleisten. Allerdings fehlen hier noch Studien zur gemeinschaftlichen Wirkung. Erfahrungsberichte von Anwendern sind jedoch bereits sehr vielversprechend.

Kriterium Auftragen (Topisch) Verdampfen (Inhalativ)
Anwendung Direkt auf die Haut aufgetragen Inhalation von verdampften Wirkstoffen über die Lunge
Wirkstoffe Vor allem CBD, selten THC Meist THC, CBD oder Kombination
Wirkdauer Langsamer Wirkungseintritt, hält lokal länger an Schneller Wirkungseintritt (Minuten), kürzere Dauer
Wirkort Lokal begrenzt auf die behandelte Hautstelle Systemisch (im ganzen Körper wirksam)
Rauschwirkung Keine (auch bei THC-haltigen Produkten) Möglich bei THC-haltigen Produkten
Anwendungsgebiete Hauterkrankungen, Schmerzen, Entzündungen lokal Schmerzen, Übelkeit, Krämpfe, schnelle Wirkung erwünscht
Bioverfügbarkeit Gering (nur lokale Aufnahme) Hoch (direkter Eintritt in den Blutkreislauf)
Nebenwirkungen Selten, leichte Hautreizungen Mögliche psychoaktive Effekte, Reizung der Atemwege

Cannabis auf Rezept vom Hautarzt

Cannabis kann unter bestimmten Voraussetzungen auch vom Hautarzt verschrieben werden - eben auch bei chronischen Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Schuppenflechte, wenn andere Therapien (z.B. im Rahmen der Leitlinientherapie für atopische Dermatitis) nicht ausreichend helfen.

In solchen Fällen kann medizinisches Cannabis (z. B. als Öl, Blüten oder Fertigarznei) unterstützend wirken, etwa zur Linderung von Entzündung, Juckreiz oder Schmerzen. Voraussetzung ist eine sorgfältige ärztliche Beurteilung, sowie ein Antrag auf Kostenübernahme durch die Krankenkasse.

Alternativ zur klassischen Praxis bieten sich heute auch telemedizinische Angebote an. Über Online-Plattformen ist es möglich, ärztliche Beratungen per Video durchzuführen und (bei entsprechender medizinischer Indikation) ein Rezept für medizinisches Cannabis zu bekommen.

Vor allem für Menschen, die das Haus ungern verlassen wollen (oder können) oder die schnelle Hilfe für akute Schübe benötigen, kann das sehr hilfreich sein.

Viel Hoffnung - und viel zu tun

Eines steht fest - und das bestätigen auch Studien: Cannabis kann der neurodermitischen Haut sehr gut und nebenwirkungsarm helfen und Symptome der Erkrankung lindern. Dermatologische Studien zeigen, dass Cannabis-Cremes akut und langfristig helfen, Juckreiz, Rötungen und Ausschlag zu mildern.

Doch auch inhalativ ist Cannabis eine echte Option für die Betroffenen. Der Einsatz vor dem Schlafengehen kann helfen, nachts weniger zu kratzen und entspannter ein- und durchzuschlafen. Die Hautzellen können sich über Nacht besser regenerieren, die Ausschläge abheilen.

Insgesamt kann die kombinierte Therapie aus Cannabis-Creme und Inhalation per Vaporizer die Lebensqualität der Betroffenen massiv verbessern. Jetzt ist es an den Hautärzten, Cannabis für die Behandlung der Krankheit in Betracht zu ziehen und sich langfristig dafür einzusetzen, dass Therapieoptionen mit Cannabis in Deutschland zum Standard werden. Die Studienlage gibt es in jedem Fall her.

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