Cannabis bei Nervenschmerzen: Mit dem Joint gegen die Schmerzen?

Frau mit Nervenschmerzen bei neurologischer Untersuchung

Schmerz ist eigentlich etwas sehr Gutes. Er weist uns darauf hin, dass irgendetwas im Körper nicht stimmt, dass eine äußerliche oder innere Verletzung oder eine Entzündung vorliegt. Was aber, wenn die Schmerzen keine solche Ursache haben, die sich mehr oder weniger einfach beheben lässt?

Nervenschmerzen (neuropathische Schmerzen) gehören wohl zu den am meisten belastenden Schmerzarten. Sie haben keine äußere Ursache, der Schmerz ist nicht auf eine Entzündung oder Verletzungen zurückzuführen. Stattdessen entsteht der Schmerz durch Fehlfunktionen im Nervensystem.

Die Gründe für neuropathische Schmerzen können ganz unterschiedlich sein: diabetische Neuropathie, Multiple Sklerose, Bandscheibenvorfälle, postherpetische Neuralgie (z.B. durch eine Gürtelrose) oder Nervenschädigungen durch Operationen oder Chemotherapie.

Konventionelle Medikamente wie Opioide, Antidepressiva oder Antiepileptika sind bei Patienten mit neuropathischen Schmerzen oft kaum wirksam. Hinzu kommen teilweise schwere Nebenwirkungen, weshalb viele Schmerzpatienten nach Alternativen Ausschau halten. Auch die Wissenschaft forscht schon seit Längerem daran, chronische Schmerzen anders zu behandeln.

Hier kommt medizinisches Cannabis ins Spiel. Es birgt oft weniger Nebenwirkungen, ist gut verträglich und gut wirksam. Wir schauen uns an, welche Formen von Cannabis bei Nervenschmerzen helfen können und wie Cannabis-Präparate und natürliche Blüten im Vergleich abschneiden.

Das Wichtigste im Überblick:

  • Studien belegen die Wirkung von Cannabis-Fertigarzneimitteln wie Nabiximols und natürlichen Cannabisblüten gegen chronische Nervenschmerzen.
  • Natürliche Cannabisblüten bieten durch ihr breites Spektrum an Cannabinoiden und Terpenen - und den "Entourage-Effekt" - eine besonders wirksame und individuell anpassbare Behandlungsmöglichkeit für neuropathische Schmerzen.
  • Die medizinische Anwendung von Cannabis in Deutschland ist seit 2017 möglich, der Zugang wird aber oft durch bürokratische Hürden erschwert. Seriöse Online-Angebote helfen Patienten, ihre Cannabistherapie unkompliziert zu beginnen.

Unser Schmerzsystem und Cannabinoide

Tatsächlich arbeitet unser Nervensystem selbst mit Cannabinoiden. Weil diese vom Körper selbst produziert werden, nennt man sie auch Endo- (griech. "innen") Cannabinoide. Gemeinsam mit Rezeptoren und Enzymen bilden die Endocannabinoide das Endocannabinoid-System (ECS), das unter anderem bei der Schmerzweiterleitung und Schmerzwahrnehmung eine zentrale Rolle spielt.

Das Endocannabinoid-System (ECS) spielt eine zentrale Rolle in unserem Körper, insbesondere bei der Regulierung der Nerven-Aktivität, Schmerzverarbeitung und bei Entzündungsprozessen. Es besteht aus körpereigenen Botenstoffen (Endocannabinoiden), Cannabinoid-Rezeptoren (vor allem CB1 und CB2) und Enzymen, die die Botenstoffe auf- und abbauen.

Die zwei bekanntesten Wirkstoffe der Cannabispflanze, THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol), interagieren mit diesem System. THC wirkt schmerzlindernd, muskelentspannend und psychoaktiv. CBD hingegen wirkt nicht psychoaktiv oder berauschend, aber beruhigend, entzündungshemmend und kann die Wirkung von THC modulieren.

Aufgrund dieser Eigenschaften stehen die beiden Stoffe schon lange im Fokus der Wissenschaft - THC zunächst etwas mehr. Inzwischen wird aber auch CBD in der Schmerzmittel-Forschung genau untersucht.

Das liegt auch daran, dass unterschiedlichste Bestandteile der Hanfpflanze (z.B. verschiedene Cannabinoide, Terpene) zusammen wirken und sich teilweise in ihrer Wirksamkeit verstärken. Dieser sogenannte "Entourage-Effekt" wurde zwar schon 1998 zum ersten Mal beschrieben, rückt aber erst in den letzten Jahren ins Licht der wissenschaftlichen Öffentlichkeit.

Nabiximols: Fertigarznei auf Cannabis-Basis

In Deutschland gibt es bereits ein zugelassenes Cannabismedikament. Das unter dem Handelsnamen Sativex vertriebene Mundspray Nabiximols enthält einen Extrakt aus THC und CBD in annähernd gleicher Konzentration. Nabiximols wird bei mittelschwerer bis schwerer Spastik infolge von Multipler Sklerose verschrieben. Daneben wird es zum Teil "off label" bei neurophatischen Schmerzen mit anderen Ursachen als MS eingesetzt.

Eine Studie untersuchte 2023 die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Nabiximols bei Patienten mit chronischen Nervenschmerzen. Die Ergebnisse waren ziemlich eindeutig: eine durchschnittliche Reduktion der Schmerzintensität um etwa 55 Prozent. Damit wirkte Nabiximols wesentlich besser als Dronabinol, welches ausschließlich THC enthält. Nebenwirkungen wie Müdigkeit oder Schwindel traten bei etwa einem Fünftel der Teilnehmer auf, führten jedoch nur selten zum Therapieabbruch. Für ausgewählte Patienten hält die Studie Nabiximols daher für eine gute Option für die Schmerztherapie.

Aber: Das Mittel enthält immer das gleiche Verhältnis von THC und CBD. Damit ist es beispielsweise nicht für diejenigen Patienten geeignet, die besonders empfindlich auf THC reagieren, aber gern die Wirkung von CBD für sich nutzen würden. Auch der Entourage-Effekt bleibt ohne zusätzliche Cannabinoide, Terpene und weitere Begleitstoffe so gut wie aus.

Hier kommt die Therapie mit natürlichen Cannabisblüten ins Spiel, da diese deutlich flexibler und vielseitiger anwendbar sind.

Natürliche Cannabisblüten: Mehr als nur THC und CBD

Im Gegensatz zu Extrakten wie Nabiximols bieten natürliche Cannabisblüten das volle Spektrum pflanzlicher Wirkstoffe. Neben THC und CBD enthalten sie über hundert weitere Cannabinoide plus eine Vielzahl an Terpenen wie Myrcen, Linalool, Caryophyllen oder Limonen.

Inzwischen weiß man: Auch diese Verbindungen tragen zur Wirksamkeit von Cannabis bei. So können manche Terpene beruhigend und angstlösend wirken, andere entzündungshemmend oder schlaffördernd. Hinzu kommt besagter Entourage-Effekt, der derzeit umfassend untersucht wird.

Weiterer Vorteil natürlicher Cannabisblüten: Unterschiedliche Sorten können gezielt für bestimmte Symptome, aber auch unterschiedliche Einnahmevorlieben ausgewählt werden. Manche Sorten eignen sich besser für den Tag, andere für die Nacht. Manche wirken eher anregend, andere beruhigend. Manche können psychoaktive Wirkungen haben, andere kaum. Diese Individualisierbarkeit macht medizinisches Cannabis in Blütenform besonders attraktiv für Patienten mit komplexen Krankheiten, bei denen eine konventionelle Behandlung oft versagt.

Hinzu kommt: Viele Schmerzpatienten leiden darunter, unzählige Tabletten und andere Medikamente einnehmen zu müssen. Medizinisches Cannabis kann über einen Verdampfer inhaliert werden - oft eine willkommene Abwechslung. Durch die Inhalation wirken die Inhaltsstoffe zudem besonders schnell. Innerhalb weniger Minuten können so akute Schmerzen gelindert und beispielsweise das Einschlafen erleichtert werden.

Die Dosierung lässt sich besonders fein abstimmen und an die jeweilige Tagesform anpassen. Auch aus pharmakokinetischer Sicht ist die Inhalation besonders effizient, da der Wirkstoff direkt über die Lunge ins Blut gelangt und nicht wie bei oralen Präparaten den Umweg über Leber und Verdauungstrakt nehmen muss.

Die Studienlage: Zentrale Studie zu Cannabis-Blüten

Eine Beobachtungsstudie untersuchte 99 Patientinnen und Patienten mit chronischen Nervenschmerzen. Diese wurden über sechs Monate mit natürlichen Cannabis-Blüten behandelt (per Verdampfer). Die Patientengruppe umfasste sowohl Menschen mit diabetischer Neuropathie als auch mit MS-bedingten Schmerzen und postoperativen Nervenschädigungen.

Im Ergebnis zeigte sich eine durchschnittliche Schmerzreduktion von 47 Prozent nach sechs Wochen, welche auch sechs Monate danach stabil blieb. Zusätzlich verbesserten sich Schlafqualität, Stimmung und Lebenszufriedenheit signifikant. Nur ein kleiner Teil der Teilnehmenden berichtet über Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit, Übelkeit oder Mundtrockenhei. Es gab keinerlei Fälle von Abhängigkeit, Missbrauch oder Entzugserscheinungen. Die Autoren der Studie heben hervor, dass die große Auswahl an Sorten und die individuelle Dosierung vermutlich einen wichtigen Beitrag zur hohen Wirksamkeit und Verträglichkeit leisteten.

Diese Ergebnisse bestätigen, was viele Schmerzpatienten bereits aus der Praxis berichten: Natürliche Cannabis-Blüten bieten ein hohes Maß an Flexibilität, Effektivität und Sicherheit, vorausgesetzt, sie werden verantwortungsvoll und unter ärztlicher Aufsicht angewendet.

Welche Sorten können helfen? Eine Orientierungshilfe

Die folgende Tabelle zeigt eine Auswahl an Cannabissorten, die sich in der Praxis bei Nervenschmerzen bewährt haben. Wichtig allgemein: Ein ausgewogenes Verhältnis von THC und CBD sowie ein beruhigendes, entzündungshemmendes Terpenprofil.

Sorte THC-Gehalt CBD-Gehalt Dominante Terpene Wirkung Empfohlene Einnahmezeit
ACDC 1–6 % 15–20 % Myrcen, Caryophyllen Entspannend, nicht berauschend Tagsüber
Harlequin 5–10 % ca. 10 % Pinene, Myrcen Leicht euphorisierend, angstlösend Flexibel
Cannatonic 8–12 % 8–12 % Limonen, Caryophyllen Muskelentspannend, beruhigend Nachmittags/Abends
OG Kush 15–20 % < 1 % Linalool, Myrcen Stark entspannend, schlaffördernd Abends/Nacht
CBD Therapy < 1 % 18–22 % Geraniol, Linalool Reines CBD, ideal bei THC-Empfindlichkeit Ganztägig

Kritische Stimmen und Nebenwirkungen

Auch wenn die Vorteile von Cannabis als Medizin immer deutlicher hervortreten: Viele Patienten bleiben unsicher. Grund dafür ist neben dem negativen Image von Cannabis als Droge sicherlich auch die Tatsache, dass die Krankenkassen die Kosten nicht immer übernehmen und auch Ärzte sich teilweise scheuen, Cannabis in der Schmerztherapie einzusetzen.

Auch die Sorge vor Nebenwirkungen ist bei der Anwendung von Cannabis verständlich. Besonders häufig genannt wird die Angst vor psychoaktiven Effekten (Rauschzustände, Konzentrationsprobleme, Angstgefühle, Psychosen). Auch die Befürchtung, abhängig zu werden, wird oft geäußert.

Zunächst einmal: Ja, auch Medizinal-Hanf kann (theoretisch) abhängig machen. Aber: Medizinisches Cannabis wird im Allgemeinen nicht rauchend konsumiert, sondern meist über medizinische Verdampfer oder in standardisierten Extrakten. Die Dosierung erfolgt unter ärztlicher Kontrolle und beginnt stets niedrig, mit schrittweiser Anpassung.

Gerade durch die Kombination mit CBD werden unerwünschte Effekte von THC (Stichwort Psychoaktivität) abgemildert oder sogar ganz verhindert. Bei sachgemäßer Anwendung ist das Risiko einer psychischen Abhängigkeit minimal - Studien zufolge sogar deutlich geringer als bei Benzodiazepinen oder Opioiden (klassische Arzneimittel für die Schmerzbehandlung). (3)

Auch kognitive Beeinträchtigungen lassen sich bei therapeutischer Dosierung kaum nachweisen. In einer Langzeitbeobachtung über 12 Monate zeigte sich, dass Patienten mit chronischen Schmerzen bei Verwendung von Cannabis keine signifikanten Einbußen in Gedächtnisleistung, Aufmerksamkeit oder Reaktionsfähigkeit aufwiesen. (4)

Medizinisches Cannabis in Deutschland: Gras auf Rezept

Nicht erst seit 2024 mit der Teil-Legalisierung von Cannabis kann medizinisches Cannabis in Deutschland verschrieben werden. Das ist tatsächlich schon seit 2017 bei verschiedenen Indikationen möglich, z.B. bei chronischen Schmerzen, Spastiken, Appetitlosigkeit oder schweren neurologischen Erkrankungen. Ärzte dürfen Cannabis-Blüten, -Extrakte oder Fertigarzneimittel wie Dronabinol oder Nabiximols verordnen, wenn andere Therapien nicht ausreichend gewirkt haben oder sich als nicht geeignet erwiesen haben.

Eine Cannabistherapie ist nicht günstig, die Kosten können sich leicht auf mehrere hundert Euro pro Monat belaufen. Eine Übernahme der Kosten durch die gesetzlichen Kassen ist möglich, muss aber separat genehmigt werden. Vor Therapiebeginn muss ein Antrag gestellt werden, inklusive ärztlicher Begründung und Dokumentation bisheriger Behandlungsversuche. Trotz recht klarer Gesetzeslage lehnen viele Kassen die Anträge jedoch noch immer ab. Die Hürden für Privatversicherte sind meist geringer.

Zunehmend gefragt sind deshalb sogenannte telemedizinische Angebote. Spezielle Online-Plattformen bieten eine digitale Erstberatung, Rezeptausstellung und Unterstützung bei der Antragsstellung - rechtlich anerkannt und bequem von zu Hause aus. Besonders für chronisch kranke Menschen mit eingeschränkter Mobilität stellt dies eine niedrigschwellige Möglichkeit dar, Zugang zur Cannabistherapie zu erhalten.

Unser Fazit: Natürlich zur Schmerzlinderung

Medizinisches Cannabis gilt in Fachkreisen längst als ernstzunehmende Option bei der Behandlung chronischer Nervenschmerzen. Auch die Einstellungen in der Gesellschaft ändern sich - wenn auch langsam.

Studien belegen, dass Cannabis-Blüten nicht nur Schmerzen lindern, sondern auch Begleitsymptome wie Schlafstörungen, Muskelkrämpfe und depressive Verstimmungen positiv beeinflussen können. Der individuelle Spielraum in der Sortenwahl und Dosierung erlaubt eine patientenzentrierte Therapie - ein zentraler Vorteil gegenüber standardisierten Fertigarzneien wie Nabiximols.

Entscheidend für den Therapieerfolg ist eine fachärztlich begleitete, verantwortungsvolle Anwendung. Dazu zählen die sorgfältige Anamnese, eine realistische Erwartungshaltung, die fortlaufende Wirkungskontrolle und gegebenenfalls die Anpassung der Sorte oder Darreichungsform. Telemedizinische Angebote erleichtern inzwischen vielen Betroffenen den Zugang zur Therapie - schnell und niedrigschwellig.

Das medizinische Potenzial von Cannabis ist längst kein Randthema mehr. Mit immer besserer Studienlage und zunehmender Akzeptanz in Ärzteschaft und Gesellschaft wandelt sich die Debatte von ideologisch zu evidenzbasiert. Besonders bei schwer behandelbaren Nervenschmerzen können Cannabisblüten eine wirksame, gut verträgliche Ergänzung zur konventionellen Schmerzmedizin darstellen - vorausgesetzt, sie werden mit Augenmaß und individuell angepasst eingesetzt.

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